Unser Gedächtnis: Was es alles kann und wieso Schwierigkeiten auftreten

Unser Gedächtnis leistet enorm viel, Tag für Tag, Stunde für Stunde, Sekunde für Sekunde. Es umfasst die Fähigkeit Informationen aufzunehmen, sie zu ordnen, zu behalten und zu verknüpfen, um zu einem späteren Zeitpunkt die Informationen wieder abrufen zu können. Die gewaltige Leistung unseres Gedächtnisses ist uns jedoch nur selten bewusst, weil vieles scheinbar automatisch abzulaufen scheint.  Manchmal treten jedoch Schwierigkeiten auf, wenn es um unser Gedächtnis geht. Wir vergessen Dinge, können uns vielleicht etwas Wichtiges nicht einprägen oder brauchen unendlich lange, um etwas Neues zu lernen. Aber warum ist das so? Und wie kann das Gedächtnis dabei unterstützt werden?

Grob lässt sich das Gedächtnis unterteilen in das Kurzzeitgedächtnis und das Langzeitgedächtnis. Das Kurzzeitgedächtnis benötigen wir, wenn wir Informationen kurzzeitig einprägen. Werden die Informationen jedoch zusätzlich bearbeitet, z.B. beim Lösen einer Kopfrechnung oder beim Rückwärtsbuchstabieren, wird ein spezieller Teil des kurzfristigen Gedächtnisses beansprucht: das Arbeitsgedächtnis.

Das Arbeitsgedächtnis wird vor allem in der Schule stark gefordert und ist beim Erlernen fast aller Schulfertigkeiten notwendig. Zum Beispiel: Wenn ein Grundschulkind mit dem Lesen beginnt, liest es noch Buchstabe für Buchstabe. Es liest nicht wie wir. Während des Lesens hat das Grundschulkind die Herausforderung, sich beim Buchstabieren stetig an die bisher gelesenen Buchstaben zu erinnern und diese mit den neuen Buchstaben zu ergänzen (z.B. A → P = A-P → F = A-P-F → E = A-P-F-E → L = A-P-F-E-L). Zusätzlich muss sich das Kind auch am Ende des Abschnittes nicht nur an die gelesenen Wörter erinnern, sondern sollte auch den Inhalt des Textes verstanden haben. Dieser Prozess erfordert bereits enorme Gedächtnisleistungen. Mit der Zeit werden jedoch die Buchstaben und Wörter automatisch als Gesamtes erfasst. Durch die Automatisierung wird das Arbeitsgedächtnis entlastet und es kann sich um andere wesentliche Dinge kümmern. Wann beim Lesen diese Automatisierung erreicht wurde, kann man z.B. anhand folgendem Beispiel feststellen:

„Luat enier sidtue an eienr elgnhcsien uvrsnäiett, ist es eagl in wcheler rhnfgeeloie die bstuchbaen in eniem wrot snid. das eniizg whictgie ist, dsas der etrse und der lztete bstuchbae am rtigeichn paltz snid. der rset knan tatol deiuranchnedr sien und man knan es ienrmomch onhe porbelm lseen. das legit daarn, dsas wir nhcit jeedn bstuchbaen aeilln lseen, srednon das wrot als gzanes.“
(Quelle: Graham Rawlinson, 1976, Universität Nottingham)

Ein gutes Arbeitsgedächtnis erleichtert dem Kind nicht nur das Lesen, sondern viele weitere schulische Fähigkeiten.

WIE FUNKTIONIERT NUN DAS ARBEITSGEDÄCHTNIS?

Informationen werden meist über zwei verschiedene Sinneskanäle aufgenommen, entweder über das Hören oder über das Sehen. Studien zeigen, dass die Mehrheit der Menschen Informationen leichter über das Sehen aufnehmen als über das Hören, jedoch sind beide Kanäle im Alltag wichtig. Werden die Informationen über das Ohr oder das Auge aufgenommen, befinden sie sich sozusagen in einem Speicher (Kurzzeitgedächtnis). Wird mit der Information nichts gemacht, geht sie wieder verloren. Und hier kommt das Arbeitsgedächtnis ins Spiel: Das hat die Aufgabe die Information zu ordnen, zu manipulieren und zu bearbeiten. Dies ist entscheidend dafür, dass Informationen überhaupt ins Langzeitgedächtnis gelangen können und wir uns somit auch über einen längeren Zeitraum hinweg an die Information erinnern.

Quelle:
Ritter, B. 2017. Unveröffentlichtes Skript. Behalt’s im Kopf! – Spiele zur Förderung des Arbeitsgedächtnisses. Ostschweizer Kinderspital
Everts, R./ Ritter, B. 2017. Das Memo-Training. hogrefe

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